
Schaufenster der Geschichte der Medizin, Medizintechnik und Pharma von ca. 1720 bis 1980
Neu auch mit Retro Industrial Design und Kunst-Projekten
Orthopädie

Die Orthopädie befasst sich mit den Erkrankungen des Bewegungsapparates und deren Behandlung.
Die Schweiz leistete Pionierarbeit auf diesem Gebiet. Prof. Venel gründete 1790 weltweit die erste orthopädiische Klinik in Orbe/VD.
Eine häufiges orthopädisches Problem schon im Kindesalter sind Fussdeformitäten.
Beispiel von Schuheinlagen aus den 1950er Jahren,
vermutlich von Schuhmacher Jäggi in Rothrist gefertigt.

Operative Knochenbruchbehandlung (Knochenschlosser)
Nachdem der Belgier Dr. Danis erste Ideen von Knochenschrauben und –Platten veröffentlichte, gründeten 5 Schweizer Aerzte 1958 die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese-Fragen.
Zusammen mit Robert Mathys und Fritz Straumann entwickelten sie Schrauben, Platten, Marknägel und Instrumente für die operative Behandlung von Knochenbrüchen.



Siegeszug der Hüftprothese (Sulzer Gelenk)
Nachdem in Deutschland (Gluck) und in England (Wiles) erste Ideen für Hüftendoprothesen hatten, war es der Engländer, Prof. Charnley welcher im grösseren Stil Hüftprothesen entwickelte.
Der Schweizer Chirurg, Prof. Maurice Müller implantierte am 13. Februar 1961 die erste, in der Schweiz durch die Firma Mathys (Bettlach, SO) hergestellte Hüftprothese.
Eine Hüftprothese besteht in der Regel aus drei Teilen: Die Pfanne, welche im Becken implantiert wird, der Schaft, welcher im Oberschenkelknochen eingesetzt wird und der Kopf, welcher die Verbindung zwischen Schaft und Pfanne bildet.
1962 erfolgte die erste Implantation einer von Sulzer gefertigten Hüftprothese in der Klinik Balgrist in Zürich durch Prof. A. Huggler.
Ein Rohling einer solchen Prothese ist unten abgebildet. Diese Prothesen wurden damals in der Sulzer Giesserei gegossen.
Auf dem rechten Bild sieht man noch Spuren vom abgeschliffenen Gusszapfen.


Siegeszug der Hüftprothese (M.E. Müller und Protek)
1965 gründete Prof. Maurice E. Müller die Protek AG in Bern und damit war eine weitere Schweizer
Medtech Firma geboren. Sie wurde Anfang 1990 an Sulzer verkauft. Daraus entstand Sulzer Medica AG, welche 2003 an die amerikanische Firma Zimmer verkauft wurde.
Oben abgebildet ist eine Original Müller Prothese der Firma Protek mit Pfanne aus dem Jahre 1973 in der Originalverpackung




Das erste in der Schweiz implantierte künstliche Hüftgelenk

Oben ist eine Moore Prothese abgebildet, welche Ende 1950er Jahre von Depuy hergestellt und von Hausmann in der Schweiz vertrieben wurde. Eine solche Prothese wurde als allererste in der Schweiz implantiert.
Diverse weitere Protek Implantate

Burch-Schneider Pfannenstütz-Schale
Morscher Pfanne mit PE- Inlay und mehrschichtigem Titan-Netz

MEM Prothesen und Kopfprothesen mit 32 mm Kopfdurchmesser, Protasul 10


Original MEM 316L Stahl, zementiert

Erste Tumorprothese von M.E. Müller. Wegen ihrer Form wurde sie auck Krückstockprothese genannt.

Geradschaftprothese von M.E. Müller. Sie ist die Weiterentwicklung. Krafteinleitung in den Knochen erfolgt durch direkten Metall-Knochenkontakt. Der Zement hat nur noch eine Zusatzfunktion und ist dementsprechend viel weniger zerrüttungsgefährdet.

Das unten abgebildete Kniegelenk nach Freeman (1931-20217, UK) war das erste Kniegelenk im Sortiment von Protek.
Die erste Implantation von Scharniergelenken erfolgte 1890 durch den Berliner Chirurgen Themistocles Gluck: Bei drei Patienten mit Gelenkszerstörung im Rahmen einer Tuberkulose wurde ein einfaches Scharnier aus Elfenbein implantiert, die Fixierung erfolgte mit vernickelten Schrauben und Kolophonium, einem Harz.

Das Protek Sortiment wurde laufend erweitert und neben M. E. Müller kamen weitere Autoren dazu.



Eines der erfolgreichsten Systeme mit langen Survival Rates ist das CLS System
von Prof. Spotorno.
Heute werden in der Schweiz pro Jahr rund 20‘000 künstliche Hüft- und Kniegelenke implantiert.
Ein Querschnitt über die ersten Schritte der Endoprothetik in der Schweiz (Sulzer, Protek, Allopro) von 1960 bis 1990

Mathys und die Hüftprothese
Mathys wurde 1946 von Robert Mathys (1921–2000) gegründet und ist seit 1958 in der Medizinaltechnik tätig. Bis Anfang der 2000er-Jahre entstand aus dem Kleinbetrieb ein Orthopädieunternehmen mit fast 2000 Beschäftigten und 500 Millionen Franken Umsatz.
Das Unternehmen gehört seit 2021 zum US Medtechkonzern ENOVIS.
Schon seit ihren Anfängen war die Firma Mathys nicht nur in der Osteosynthese, sondern ebenso auf dem Gebiet des künstlichen Gelenkersatzes aktiv. Auch hier waren es der geniale Mechaniker Dr.h. c. Robert Mathys und der renommierte Orthopäde Maurice E. Müller, deren gemeinsam entwickelte Hüftprothese bereits 1961 als erste auf dem europäischen Kontinent eingesetzt wurde. In der Folge produzierte die Firma Mathys in Bettlach während mehrerer Jahrzehnte die Hüftgelenke für Müllers Firma Protek, bis diese 1996 in der Sulzer Medica aufging.
In den 1970er Jahren begann Mathys mit der Entwicklung von eigenen Prothesensystemen.
Ein Fehlschlag in der Hüftendoprothetik war die Isoelastic von Mathys. Die Idee, den Schaft aus Polyacetat zu fertigen um dem E-Modul des Knochens nahe zu kommen, war bestechend. Die klinischen Resulatate waren jedoch schlecht, sodass das Konzept verworfen wurde.
https://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/00016470510030535

Allopro AG
Die Gründung von Allopro als Konkurrenz zu Protek geht auf Prof. Bernhard Georg (Hardi) WEBER (1927-2002) zurück. Er besuchte noch vor M.E. Müller Prof. Charnley in England. Ab 1967 Chefarzt für Orthopädie und Traumatologie in St. Gallen. Mit seinen Konzepten brachte er erste verkaufs-
fähige Produkte zu Allopro. Bald darauf wurde Prof. Zweymüller einer der führenden Autoren von Allopro.
Allopro und Protek gingen 1996 in Sulzer Medica auf.
Original Implantat und eine Swarovski Anfertigung
des Zweymüller Systems abgebildet. https://www.zweymueller.at
Dieses System wurde von Allopro, einer weiteren Firma woraus
Sulzer Medica entstand, entwickelt. Das System war sehr erfolgreich.

